
Roadtrip Westalpen 4x4
Dauer: 8 – 10 Tage – Strecke 4.500 km ab Berlin
Highlights: Col de L´Iseran, Asietta Kammstrasse, Col de Sommeiller, Fort Foens, Monte Jafferau, Galleria Monte Seguret, Fort Pramand
Ausrüstung: mindestens ein SUV, besser ein 4×4 mit AT-Reifen, Reserverad, Camping-Gear
Eintritt: 5 €/Maut am Kassenhäuschen für den Col de Sommeiller

Im Juni, wenn der Großteil des Schnees bereits geschmolzen ist (oder besser, geschmolzen sein sollte) und bevor es während der Sommerferien auch auf den abgelegenen Pisten in den italienischen Alpen durchaus voll werden kann, machen meine beste Freundin Lisa und ich uns mit meinem Jeep Renegade auf in die Westalpen.



Endlich geht es richtig in der Berge. Für den Weg ins Susatal wählen wir mit der D902 die Serpentinenstrecke über den Col de L´Iseran. Die Strecke ist der höchste durchgehend asphaltierte Gebirgspass der Alpen und nur im Sommer befahrbar. Neben uns sind auch einige Rennrad- und Motorradfahrer unterwegs, für die der Pass ein beliebtes Ziel ist. Da wir unter der Woche unterwegs sind und das Wetter eher bescheiden ist, hält sich der Verkehr jedoch in Grenzen.

Für den Pass wird keine Maut erhoben und nach den beiden Tagen auf der Autobahn macht das Serpentinenfahren mit dem Jeep richtig Spaß und wir fühlen uns unvermittelt in einer anderen Welt. Sind wir im Tal noch bei 27 Grad und Sonnenschein gestartet, wird es Richtung Passhöhe zunehmen kälter und wolkenverhangen.

Angekommen auf 2.770 m, pfeift uns inmitten von Schneefeldern bei 6 Grad ein eisiger Wind um die Ohren und die Aussicht ist bedingt durch die Wolken eher bescheiden. Es gibt ein kleines Restaurant und eine kleine Kapelle, beides allerdings geschlossen. Verglichen zB mit dem Passo dello Stelvio wirkt es and diesem Junitag heute hier oben fast wie ausgestorben.

Daher bleiben wir nicht lange sondern machen uns an die nicht minder kurzweilige Abfahrt Richtung Susatal. Hier haben wir in Bussoleno ein B&B als Ausgangspunkt für die nächsten Tage.





Die Zufahrt zum Col de Sommeiller über eine sehr grob geschotterte und oft sehr schmale hochalpine Straße ist nur mit geländegängigen Fahrzeugen möglich. Auch im Hochsommer ist noch mit Schnee zu rechnen. Freitags bis Sonntags gilt von 09:00h bis 17:00h ein Fahrverbot für Kraftfahrzeuge. Der Weg führt von Bardonecchia aus in Richtung Rochemolles und am Stausee Lac Rochemolles vorbei zum Rifugio Scarfiotti wo man ein kurzes Stück zu einem beeindruckenden Wasserfall spazieren kann

Am Rifugio ist mittlerweile oft ein kleinen Kassenhäuschen mit Schranke besetzt, wo man für die Weiterfahrt mit dem Auto 5 Euro zahlen muss. Danach geht es in zahlreichen und zum Teil stark ausgewaschenen engen Kehren weiter bergauf. Die Kehren sind manchmal so eng, dass man mit größeren Fahrzeugen teilweise mehrfach zurücksetzten muss.

Die Kehren sind manchmal so eng, dass man mit größeren Fahrzeugen teilweise mehrfach zurücksetzten muss. Messerscharfe, spitze Steine auf dem Weg und entgegenkommen Fahrzeuge verlangen hohe Aufmerksamkeit und spätestens jetzt bin ich sehr happy vor dem Start des Trips noch in die AT-Reifen investiert zu haben.

Wir durchfahren mehrfach kleine Bäche und Rinnsale über den Weg und ab und an müssen wir aussteigen und rollen ein paar Felsbrocken auf der Piste zur Seite, für die die Bodenfreiheit unseres Jeep Renegade nicht ausreicht.

Für uns war der Weg leider kurz vor Erreichen des Hochplateaus zu Ende, da die Piste durch einen Schneerutsch komplett versperrt war. Auch jetzt im Juni türmt sich der Schnee links und rechts der Piste noch über 2 m hoch auf. So haben wir die restlichen 300 m bis zum kleinen See auf dem Plateau zu Fuß zurückgelegt.

Die 22 km lange Route auf den Monte Jafferau westlich von Bardonecchia zählt zu den schönsten Offroadtouren im Piemont. Der Jafferau ist ein 2805 Meter hoher Berg in in den Cottischen Alpen im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Italien. Auf dem Gipfel thront das am Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Fort Jafferau, das später Teil der Befestigungslinie Vallo Alpino wurde.

Wir brechen früh auf, denn heute haben einiges vor. Zunächst führt uns die Piste bis zum Fort Foens. Das Fort befindet sich unterhalb des Gipfels des Monte Jafferau auf eine Höhe von 2177 Metern. Es ist noch recht gute erhalten und kann teilweise begangen werden.

Die Festung wurde 1897 auf einem Plateau errichte und war vollständig von einer Wehrmauer umgeben. Innerhalb der Mauern befinden sich etliche Räume mit verrosteten Bettgegstellen. Überbleibsel aus einer Zeit als hier während des ersten Weltkriegs über 300 Soldaten lebten.

Die Piste führt weiter durch ein weites, grünes Tal entlang eines flachen Flusses. In den Senken müssen immer wieder auch tiefere Wasserstellen druchfahren werden. Die letzten rund 5 Kilometer bis zum Gipfel führen über enge, ausgewaschene Serpentinen wo auch für uns mit dem eher kurzen Renegade teilweise reversieren notwendig war. Erst am Sattel des Jafferau, gut 2 km vor dem trutzig auf fast 2800 Meter gelegenem Fort, wird bei gutem Wetter der Blick auf ein spektakuläres Bergpanorama frei.

Und genau dort war für uns der Weg beinahe zu Ende Eine kleine Felslawine war auf dem ansich gut fahrbaren Weg abgegangen und versperrte uns die Weiterfahrt. Unser Renegade verfügt zwar über Unterfahrbleche aber die 20 cm Bodenfreiheit reichen für den etwa 1 Meter hohen Schuttberg vor uns bei weitem nicht aus.

Ein Option wäre die letzten 1,5 km rückwärt bis zur nächsten Wendemöglichkeiet zurück zu fahren. Alllerdings ist es schon bitter so kurz vor dem Ziel aufzugeben und umzudrehen. Wir blockieren zwar die ganze Piste, aber da wir schon seit einer Stunde kein anderes Fahrzeug mehr gesehen haben entscheiden wir uns für ein bisschen Arbeit.

So fangen wir zu zweit an die Steine umzuschichten und arbeiten wir uns Stück für Stück, immer mit einen paar Millimetern Luft zum Unterboden voran. Die beiden Motorradfahrer, die uns begegnen können entspannt passieren und wünschen uns viel Glück – der Jafferau wäre die Mühe wert.

Das letzte Stück der Strecke verläuft über eine Bergkamm. mit bereits antasitischer Aussicht zu beiden Seiten der Piste. Bei Km 22 ist für uns die Strecke zu Ende und ein kurzer Fusspfad führt hinauf zum zum Fort.

Auf dem Gipfel befindet sich das Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Fort Jafferau das später Teil der Befestigungslinie Vallo Alpino wurde. Die Aussicht hier oben ist wirklich nach allen Seiten atemberaubend.

Vorbei am Fort Al Seguret wartet ein weiteres Highlight. Die Fahrt durch den fast 900 m langen Tunnel Galleria de Monte Seguret ist nichts für schwache Nerven oder Klaustrophobiker. Da der Tunnel gekrümmt beinahe U-förming angelegt wurde fährt man in völliger Dunkelheit.

Allein unsere Scheinwerfer leuchten den Weg aus. Der Tunnel ist maximal ca 3 m breit und es gibt nur eine einzige kurze Aussweichstelle wo zwei Fahrzeuge aneinander vorbei passieren können. Diverse kleine Erdausbrüche an den Wänden tragen auch nicht gerade zum Vertrauen bei.

Wasser tropft stetig von der Decke, fließt in einem Rinnsal über die unebene Fahrbahn und sammelt sich genau am Scheitelpunkt des Tunnels. Da in der dunklen Brühe nicht zu erkennen ist wie tief es ist, bleibt uns nur übrig einmal hindurch zu waten um die Tiefe abzuschätzen und nach evtuellen Senken oder größeren Steinbrocken zu schauen.


Auf der weiteren Fahrt von Gipfel des Jafferau Richtung Salbertrant zweigt eine Stichtstraße Richtung Fort Pramand ab. Das Fort liegt auf einem Plateau in 2158 Meter Höhe. Die ca 1,5 km lange Piste ist stark ausgewaschen und gespickt mit großen Felsbrocken. Keine Chance mit dem Renegade. Daher gehen wir zu Fuß steil über die Wiese hinauf und stehen unvermittelt plötzlich auf dem Dach des Forts . 1905 komplett aus Beton gegossen, beherbergte es 4 grosse Geschütze auf dem Dach deren Einlassungen noch gut zu erkennen sind.

Mit ein wenig Klettergeschickt ist das Fort gut zugänglich. Leider haben wir nicht mehr viel Zeit im Fort herumzuklettern sondern wir geniessen lieber auf dem Dach des Forts einen spektakulären Sonnenuntergang über den Wolken. Anschliessend machen wir uns auf die steile Abfahrt nach Salbertrand die im Dunkeln noch einmal Konzentration erfordert.

Am siebten Tag verlassen wir das Susatal und fahren noch ein Stück weiter nach Süden bis an die an die Ligurische Küste wo wir noch 2 Tage bei Freunden verbringen. Für die Rückfahrt wählen wir den Weg vorbei an Mailand und durch Liechtenstein. Auch die Rückfahrt teilen wir in 2 Etappen auf und übernachten unterwegs bei Freunden in der Nähe von München.

Ein wirklich spektakulärer und abenteuerlicher Roadtrip der in Europa seinesgleichen sucht. Nirgendwo sonst habe ich bisher so großartige Bergwelt eng mit geschichtsträchtigen Lost Places erlebt und dabei mit viel Fahrspaß mein eigenes Auto so gut kennenlernen können. Ein Fahrzeug mit hoher Bodenfreiheit ist zwingend notwendig, Allradantrieb, AT Reifen und Unterbodenbleche würde ich sehr empfehlen. Zudem sollte man hier nicht ganz allein unterwegs zu sein, allein schon um Hindernisse bewältigen zu können. Ich würde diese Tour sofort wieder genauso unternehmen.