Roadtrip Westalpen 4x4

[ITALIEN / Frankreich]

Dauer: 8 – 10 Tage  – Strecke  4.500 km ab Berlin

Highlights: Col de L´Iseran, Asietta Kammstrasse, Col de Sommeiller, Fort Foens, Monte Jafferau, Galleria Monte Seguret, Fort Pramand

Ausrüstung: mindestens ein SUV, besser ein 4×4 mit AT-Reifen, Reserverad, Camping-Gear
Eintritt: 5 €/Maut am Kassenhäuschen für den Col de  Sommeiller

Die italienischen und französischen Alpen sind eines der wenigen Gebiete in Westeuropa wo man wirklich noch Offroad, oder zumindest auf abenteuerlichen alten Militärpisten und fernab vom Massentourismus die Grenzen seines Fahrzeugs und auch seine eigenen Grenzen austesten kann. Bei klarem Wetter wird man mit atemberaubendem Panoramen belohnt und bei der Erkundungen der alten Forts und Stellungen aus dem ersten Weltkrieg wird Geschichte auf eine morbide und doch auch faszinierende Art greifbar.
Im Juni, wenn der Großteil des Schnees bereits geschmolzen ist (oder besser, geschmolzen sein sollte) und bevor es während der Sommerferien auch auf den abgelegenen Pisten in den italienischen Alpen durchaus voll werden kann, machen meine beste Freundin Lisa und ich uns mit meinem Jeep Renegade auf in die Westalpen.
[TAG 1 -Von Berlin nach Offenburg]
Tag 1 ist lediglich ein Fahrtag mit bestem Wetter, an dem wir 750 km von Berlin bis Offenburg auf deutschen Autobahnen abspulen. Mein Renegade ist frisch bestückt mit neuen Ganzjahres All-Terrain Reifen. Ich habe mich zum Kauf entschlossen, weil ich nicht genau weiß, welche Pisten in welchem Zustand uns erwarten werden. Ein bekannter erzählte mir, das er sich an den scharfen Steinen in den Alpen schon Reifen aufgeschlitzt hat und so habe ich einfach ein besseres Gefühl, als mit normalen Serien-Reifen. Den Abend verbringen wir bei Freunden in Offenburg und übernachten auch dort.
[TAG 2 - VON offenburg über den genfer see ins Aosta-tal]
Am nächsten Morgen geht es weiter auf der Autobahn A5 und A 12 vorbei an Bern quer durch die Schweiz. Die Jahresvignette für die schweizer Autobahn kostet 40 CHF. 10-Tages- oder Monatsvignetten, gibt es in der Schweiz leider nicht. Dafür ist das Fahren auf den schweizerischen Autobahnen sehr entspannt. Tempomat auf 120 km/h (Achtung, schon ein paar km/h zu flott wird richtig teuer) und rollen lassen. So viel entspannter als in Deutschland.
Am Genfer See kurz hinter Montreux machen wir ein eine kurze Badepause. Unser Ziel ist für heute das Aosta-Tal hinter der Grenze zu Italien Italien, wo wir in einem B+B übernachten.
[TAG 3 - Vom Aosta-tal über den Col de L´ISeran ins Susa-Tal]

Endlich geht es richtig in der Berge. Für den Weg ins Susatal wählen wir mit der D902 die Serpentinenstrecke über den Col de L´Iseran. Die Strecke ist der höchste durchgehend asphaltierte Gebirgspass der Alpen und nur im Sommer befahrbar. Neben uns sind auch einige Rennrad- und Motorradfahrer unterwegs, für die der Pass ein beliebtes Ziel ist. Da wir unter der Woche unterwegs sind und das Wetter eher bescheiden ist, hält sich der Verkehr jedoch in Grenzen. 

Für den Pass wird keine Maut erhoben und nach den beiden Tagen auf der Autobahn macht das Serpentinenfahren mit dem Jeep richtig Spaß und wir fühlen uns unvermittelt in einer anderen Welt. Sind wir im Tal noch bei 27 Grad und Sonnenschein gestartet, wird es Richtung Passhöhe zunehmen kälter und wolkenverhangen.

Angekommen auf 2.770 m, pfeift uns inmitten von Schneefeldern bei 6 Grad ein eisiger Wind um die Ohren und die Aussicht ist bedingt durch die Wolken eher bescheiden. Es gibt ein kleines Restaurant und eine kleine Kapelle, beides allerdings geschlossen. Verglichen zB mit dem Passo dello Stelvio wirkt es and diesem Junitag heute hier oben fast wie ausgestorben.

Daher bleiben wir nicht lange sondern machen uns an die nicht minder kurzweilige Abfahrt Richtung Susatal. Hier haben wir in Bussoleno ein B&B als Ausgangspunkt für die nächsten Tage.

[TAG 4 - Die Strada dell´asietta]
Die Strada dell´Assietta ist eine 34 km lange, unbefestigte Strasse zwischen Sestiere und der SP 172 bei Pian dell´Alpe in der Nähe des Col de Finestre. Die Straße liegt fast vollständig über 2000 m Höhe und ist nur vom 01. Juni bis 31.Oktober geöffnet. Sie verläuft entlang des Bergkamms, der das Val Chisone und das Susatal trennt. Die Straße wurde Ende des 19. Jahrhunderts zu militärischen Zwecken gebaut und die Ruinen der Forts sind noch erhalten.
Die Piste ist recht einfach zu befahren, hin und wieder begegnet uns Gegenverkehr, aber wir haben Glück mit dem Wetter und fantastsiche Aussichten zu beiden Seiten. Ein schöner „Appetizer“ um reinzukommen für die folgenden Tage. 
Die Straße ist in den Monaten Juli und August von 9 bis 17h für Autos und Motorräder gesperrt und Wanderern und Mountainbikern vorbehalten. Bei trockenem Wetter kann man die Strecke auch mit einem normalen SUV ohne 4×4 bewältigen.
[TAG 5 - Auf den Colle de Sommeiller
Wir haben immer noch Glück mit dem Wetter und heute wollen wir hoch hinaus. So hoch wie es geht. Der Col de Sommeiller ist ein Pass in den Italienischen Alpen im Piemont. Er befindet sich im Mont-Cenis Massiv an der Grenze zwischen Frankreich und Italien in der Nähe des Mont Cenis Tunnel. Das Besondere an dem Pass ist, dass es sich bei dem auf 2996 Meter liegenden Hochplateau bis zm Juni 2007 um den höchsten Punkt der Alpen handelte, der frei und legal mit 2-spurigen Fahrzeugen angefahren werden konnte. 

Die Zufahrt zum Col de Sommeiller über eine sehr grob geschotterte und oft sehr schmale hochalpine Straße ist nur mit geländegängigen Fahrzeugen möglich. Auch im Hochsommer ist noch mit Schnee zu rechnen. Freitags bis Sonntags gilt von 09:00h bis 17:00h ein Fahrverbot für Kraftfahrzeuge. Der Weg führt von Bardonecchia aus in Richtung Rochemolles und am Stausee Lac Rochemolles vorbei zum Rifugio Scarfiotti wo man ein kurzes Stück zu einem beeindruckenden Wasserfall spazieren kann

Am Rifugio ist mittlerweile oft ein kleinen Kassenhäuschen mit Schranke besetzt, wo man für die Weiterfahrt mit dem Auto 5 Euro zahlen muss. Danach geht es in zahlreichen und zum Teil stark ausgewaschenen engen Kehren weiter bergauf. Die Kehren sind manchmal so eng, dass man mit größeren Fahrzeugen teilweise mehrfach zurücksetzten muss.

Die Kehren sind manchmal so eng, dass man mit größeren Fahrzeugen teilweise mehrfach zurücksetzten muss. Messerscharfe, spitze Steine auf dem Weg und entgegenkommen Fahrzeuge verlangen hohe Aufmerksamkeit und spätestens jetzt bin ich sehr happy vor dem Start des Trips noch in die AT-Reifen investiert zu haben.

Wir durchfahren mehrfach kleine Bäche und Rinnsale über den Weg und ab und an müssen wir aussteigen und rollen ein paar Felsbrocken auf der Piste zur Seite, für die die Bodenfreiheit unseres Jeep Renegade nicht ausreicht.  

Für uns war der Weg leider kurz vor Erreichen des Hochplateaus zu Ende, da die Piste durch einen Schneerutsch komplett versperrt war. Auch jetzt im Juni türmt sich der Schnee links und rechts der Piste noch über 2 m hoch auf. So haben wir die restlichen 300 m bis zum kleinen See auf dem Plateau zu Fuß zurückgelegt.

[TAG 6 - Zum Fort Foens, auf den MOnte Jafferau, durch die Galleria monte seguret und zum Fort Pramand]

Die 22 km lange Route auf den Monte Jafferau westlich von Bardonecchia zählt zu den schönsten Offroadtouren im Piemont. Der Jafferau ist ein 2805 Meter hoher Berg in in den Cottischen Alpen im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Italien. Auf dem Gipfel thront das am Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Fort Jafferau, das später Teil der Befestigungslinie Vallo Alpino wurde.

Wir brechen früh auf, denn heute haben einiges vor. Zunächst führt uns die Piste bis zum Fort Foens. Das Fort befindet sich unterhalb des Gipfels des Monte Jafferau auf eine Höhe von 2177 Metern. Es ist noch recht gute erhalten und kann teilweise begangen werden.

Die Festung wurde 1897 auf einem Plateau errichte und war vollständig von einer Wehrmauer umgeben. Innerhalb der Mauern befinden sich etliche Räume mit verrosteten Bettgegstellen. Überbleibsel aus einer Zeit als hier während des ersten Weltkriegs über 300 Soldaten lebten.

Die Piste führt weiter durch ein weites, grünes Tal entlang eines flachen Flusses. In den Senken müssen immer wieder auch tiefere Wasserstellen druchfahren werden. Die letzten rund 5 Kilometer bis zum Gipfel führen über enge, ausgewaschene Serpentinen wo auch für uns mit dem eher kurzen Renegade teilweise reversieren notwendig war. Erst am Sattel des Jafferau, gut 2 km vor dem trutzig auf fast 2800 Meter gelegenem Fort, wird bei gutem Wetter der Blick auf ein spektakuläres Bergpanorama frei. 

Und genau dort war für uns der Weg beinahe zu Ende Eine kleine Felslawine war auf dem ansich gut fahrbaren Weg abgegangen und versperrte uns die Weiterfahrt. Unser Renegade verfügt zwar über Unterfahrbleche aber die 20 cm Bodenfreiheit reichen für den etwa 1 Meter hohen Schuttberg vor uns bei weitem nicht aus.

Ein Option wäre die letzten 1,5 km rückwärt bis zur nächsten Wendemöglichkeiet zurück zu fahren. Alllerdings ist es schon bitter so kurz vor dem Ziel aufzugeben und umzudrehen. Wir blockieren zwar die ganze Piste, aber da wir schon seit einer Stunde kein anderes Fahrzeug mehr gesehen haben entscheiden wir uns für ein bisschen Arbeit.

 

So fangen wir zu zweit an die Steine umzuschichten und arbeiten wir uns Stück für Stück, immer mit einen paar Millimetern Luft zum Unterboden voran. Die beiden Motorradfahrer, die uns begegnen können entspannt passieren und wünschen uns viel Glück – der Jafferau wäre die Mühe wert.

 

Das letzte Stück der Strecke verläuft über eine Bergkamm. mit bereits antasitischer Aussicht zu beiden Seiten der Piste. Bei Km 22 ist für uns die Strecke zu Ende und ein kurzer Fusspfad führt hinauf zum zum Fort.

Auf dem Gipfel befindet sich das Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Fort Jafferau das später Teil der Befestigungslinie Vallo Alpino wurde. Die Aussicht hier oben ist wirklich nach allen Seiten atemberaubend.

Vorbei am Fort Al Seguret wartet ein weiteres Highlight. Die Fahrt durch den fast 900 m langen Tunnel Galleria de Monte Seguret ist nichts für schwache Nerven oder Klaustrophobiker. Da der Tunnel gekrümmt beinahe U-förming angelegt wurde fährt man in völliger Dunkelheit.

 Allein unsere Scheinwerfer leuchten den Weg aus. Der Tunnel ist maximal ca 3 m breit und es gibt nur eine einzige kurze Aussweichstelle wo zwei Fahrzeuge aneinander vorbei passieren können. Diverse kleine Erdausbrüche an den Wänden tragen auch nicht gerade zum Vertrauen bei.

Wasser tropft stetig von der Decke, fließt in einem Rinnsal über die unebene Fahrbahn und sammelt sich genau am Scheitelpunkt des Tunnels. Da in der dunklen Brühe nicht zu erkennen ist wie tief es ist, bleibt uns nur übrig einmal hindurch zu waten um die Tiefe abzuschätzen und nach evtuellen Senken oder größeren Steinbrocken zu schauen.

Unsere Renegade hat theoretisch eine Wattiefe von 48 cm, die ich aber gerade hier lieber nicht austesten will. Da mir das Wasser aber an keiner Stelle weiter als bis zur Mitte des Unterschenkels reicht, wagen wir langsam die Durchfahrt. Als wir nach vielleicht nur 10 Minuten den Tunnel dann wieder verlassen, spüren wir immer noch heftig das Adrenalin in unseren Körpern. Im Jahr 2013 kam es zu grösseren Ausbrüchen in der Tunneldecke der darufhin provisorisch abgesperrt wurde. Da diese Sperre binnen kürzester Zeit beiseite geräumt wurde lies die Gemeinde das Tunnelportal im Jahr 2014 zumauern. Erst 2018 wurde der Tunnel nach Sicherungsarbeiten wieder feigegeben.

Auf der weiteren Fahrt von Gipfel des Jafferau Richtung Salbertrant zweigt eine Stichtstraße Richtung  Fort Pramand ab. Das Fort liegt auf einem Plateau in 2158 Meter Höhe. Die ca 1,5 km lange Piste ist stark ausgewaschen und gespickt mit großen Felsbrocken. Keine Chance mit dem Renegade.  Daher gehen wir zu Fuß steil über die Wiese hinauf und stehen unvermittelt plötzlich auf dem Dach des Forts . 1905 komplett aus Beton gegossen, beherbergte es 4 grosse Geschütze auf dem Dach deren Einlassungen noch gut zu erkennen sind.

Mit ein wenig Klettergeschickt ist das Fort gut zugänglich. Leider haben wir nicht mehr viel Zeit im Fort herumzuklettern sondern wir geniessen lieber auf dem Dach des Forts einen spektakulären Sonnenuntergang über den Wolken. Anschliessend machen wir uns auf die steile Abfahrt nach Salbertrand die im Dunkeln noch einmal Konzentration erfordert.

[Tag 7 bis 10- Albenga - Berlin]

Am siebten Tag verlassen wir das Susatal und fahren noch ein Stück weiter nach Süden bis an die an die Ligurische Küste wo wir noch 2 Tage bei Freunden verbringen. Für die Rückfahrt wählen wir den Weg vorbei an Mailand und durch Liechtenstein. Auch die Rückfahrt teilen wir in 2 Etappen auf und übernachten unterwegs bei Freunden in der Nähe von München.

[FAZIT]

Ein wirklich spektakulärer und abenteuerlicher Roadtrip der in Europa seinesgleichen sucht. Nirgendwo sonst habe ich bisher so großartige Bergwelt eng mit geschichtsträchtigen Lost Places erlebt und dabei mit viel Fahrspaß mein eigenes Auto so gut kennenlernen können. Ein Fahrzeug mit hoher Bodenfreiheit ist zwingend notwendig, Allradantrieb, AT Reifen und Unterbodenbleche würde ich sehr empfehlen. Zudem sollte man hier nicht ganz allein unterwegs zu sein, allein schon um Hindernisse bewältigen zu können. Ich würde diese Tour sofort wieder genauso unternehmen.